Alte Tugenden, neuer Mut
Krisen und Kosten: Der deutsche Mittelstand steht unter Druck und muss auf zahlreiche Herausforderungen zeitgleich reagieren. Doch einige familiengeführte Unternehmen stemmen sich mit Resilienz und Innovationsgeist gegen die schlechte Stimmung.

Ausgezeichnete Posts: Tamara Fietze, Rainer Grill und Rebecca Amlung (v.l.n.r.) haben als TikTok-Kernteam bei Ziehl-Abegg viel Spaß und Erfolg.
Es geht um ein neues Leben – für eine immer noch recht neue Technologie. In diesem Frühjahr kündigten der Automobilzulieferer Webasto und das Start-up Cylib eine Partnerschaft an: Das junge Tech-Unternehmen sammelt seitdem Altbatterien und Produktionsabfälle beim etablierten Familienunternehmen ein und gewinnt aus ihnen alle enthaltenen Materialien wieder, darunter etwa die begehrten und knappen Rohstoffe Lithium und Graphit. Man sichere die Rohstoffe von morgen und treibe gemeinsam „die Kreislaufwirtschaft in Europa weiter voran“, sagte Cylib-Mitgründer Gideon Schwich bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags. Zwei Unternehmen werden Partner – eine kleine, alltägliche Notiz, mag man denken. Doch in der Kooperation zwischen Webasto und Cylib, zwischen Traditionsunternehmen und Newcomer, zwischen Stockdorf und Aachen, steckt mehr. Sie ist der Versuch, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen, um so auch Vorgaben der EU zu erfüllen: Bis 2030 müssen mindestens 70 Prozent des Lithiums aus Altbatterien recycelt werden. Und sie steht für die Bereitschaft, in schwierigen Zeiten neue Wege zu gehen, denn im Zuge der Automobilkrise musste Webasto in diesem Herbst einen umfangreichen Rettungsplan aufstellen.
Es brennt an allen Ecken und Enden
Das Beispiel steht also auch dafür, was allen Krisen zum Trotz möglich ist. Von denen durchlebt der deutsche Mittelstand, das vielgerühmte Rückgrat der Wirtschaft, gerade einige. In einer Anfang Dezember veröffentlichten Umfrage der genossenschaftlichen DZ Bank und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) blickt nur ein Viertel von 1000 befragten Unternehmenslenkern optimistisch auf das kommende Halbjahr. Die Investitionsbereitschaft sinkt auf den schlechtesten Wert seit dem Finanzkrisenherbst von 2009. „Der Mittelstand sendet ein deutliches Warnsignal“, sagt BVR-Präsidentin Marija Kolak. Überall gibt es Grund zur Sorge: hohe Energiekosten, geopolitische Unruhen, der Fachkräftemangel und die anstehende Digitalisierung. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer tun sich zudem schwer, eine Nachfolge für ihren Betrieb zu finden. Und dann kommt noch die Bürokratielast obendrauf: Vier von fünf befragten Mittelständlern sehen darin das größte Hemmnis für ihre Arbeit. Viele Baustellen also, die die Unternehmen hierzulande ausbremsen, obwohl die globale Konkurrenz das Tempo erhöht und beispielsweise bei der künstlichen Intelligenz voranläuft. „Um wettbewerbsfähig zu sein, gilt es, Innovationen schneller voranzutreiben und Entwicklungsphasen zu beschleunigen“, schreibt Stefan Beismann, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, dem Mittelstand ins Lastenheft. Die gute Nachricht jedoch: All das ist möglich, auch und gerade im deutschen Mittelstand im Jahr 2025. Wer sich umblickt, entdeckt überall Unternehmen, die sich mit Resilienz und Innovationen gegen die Krise stemmen. Dabei hilft oft eine Mischung aus alten Tugenden und neuem Mut. Denn das Detailwissen rund um Produkte und Produktion ist oft tief in der DNA der Mittelständler verankert. Was nun dazukommt, ist eine mal vorsichtige, mal rasante Öffnung. Zum einen nach innen: Wo früher Abteilungen strikt und ohne Blick nach rechts oder links ihre Jahrespläne abarbeiteten, geht es inzwischen häufiger um vernetztes Denken. Weber Hydraulik setzt nun beispielsweise ihre Ingenieure mit Cybersecurity-Experten an einen Tisch und bastelt im Segment der Rettungstechnik nicht mehr nur an schweren Geräten für die Feuerwehr, sondern auch an Apps. „Mir ist es wichtig, dass wir nicht in Silos denken, sondern alle voneinander lernen“, sagte die geschäftsführende Gesellschafterin Christine Grotz im Oktober bei der Diskussionsrunde TUM Talk in Heilbronn. Zum anderen aber öffnen sich die Unternehmen auch nach außen. Statt Abschottung setzen sie auf Austausch, um voranzukommen. Neben einzelnen Kooperationen, wie etwa jener von Webasto und Cylib, haben sich so auch neue Innovationsnetzwerke etabliert. Ein prominentes Beispiel dafür ist der „Maschinenraum“ in Berlin. Gegründet vor bald sieben Jahren auf Initiative des Heizungsbauers Viessmann, gehören dem Netzwerk heute über 70 Familienunternehmen an, die sich über Probleme und Lösungen austauschen. Und das quer über alle Branchen – vom Schreibwarenhersteller Edding über Logistiker Fiege bis zum Elektronikspezialisten Phoenix Contact. Ähnlich in Ostwestfalen: Mit Geld der Bertelsmann-Stiftung ist dort die „Founders Foundation“ herangewachsen, die Start-ups in der wirtschaftsstarken Region fördert und sie mit Familienunternehmen wie Miele oder Dr. Wolff vernetzt.
Tempo machen statt Sorgen
schieben Klar ist jedoch: Viele Schritte nach vorne erfordern Mut. Mal müssen bestehende Strukturen aufgegeben werden, mal müssen finanzielle und personelle Ressourcen in ungewisse Zukunftsprojekte investiert werden. Und das nahezu immer in einem Veränderungstempo, das die Unternehmen mit Hunderten oder Tausenden von Beschäftigten mindestens fordert, manchmal sogar überfordert. Oft geht der Wandel mit neuen Freiheiten auf unteren Hierarchieebenen einher, um den Fortschritt nicht durch den Flaschenhals des Vorstands auszubremsen. Der Vorteil ist: Gelingt dieser Change-Prozess, sind nicht mehr nur die Krisen parallel spürbar, sondern auch Lösungsansätze werden parallel sichtbar. Ziehl-Abegg, Hersteller von Ventilatoren, Antriebssystemen und Regeltechnik aus dem beschaulichen Künzelsau, ist eines von zahlreichen Beispielen für solch eine Strategie. KI nutzt das Familienunternehmen schon lange, damit die Kunden zielgenauer die Wartungsintervalle planen können. Im Herbst 2025 präsentierte die Firma einen Aufzugsmotor, der ohne die normalerweise benötigten Seltenen Erden auskommt. „Wir haben damit nicht nur ein technologisches Problem gelöst, sondern auch ein strategisches“, sagte Vorstandschef Joachim Ley. Neben dem Kerngeschäft hat ein Team rund um Pressesprecher Rainer Grill zudem noch einen überaus populären TikTok-Account aufgebaut. Fast 120 000 Menschen folgen dem Unternehmen in der Kurzvideo-App. Damit verfügt Ziehl-Abegg über einen wichtigen Kanal, um Fachkräfte aus ganz Deutschland auf sich aufmerksam zu machen. Denn aus manchem digitalen Lacher oder Like wird dann ein Klick auf die Stellenangebote.
Überall gibt es Unternehmen, die sich mit Resilienz und Innovationen gegen die Krise stemmen. Dabei hilft oft eine Mischung aus alten Tugenden und neuem Mut.

Es geht um ein neues Leben – für eine immer noch recht neue Technologie. In diesem Frühjahr kündigten der Automobilzulieferer Webasto und das Start-up Cylib eine Partnerschaft an: Das junge Tech-Unternehmen sammelt seitdem Altbatterien und Produktionsabfälle beim etablierten Familienunternehmen ein und gewinnt aus ihnen alle enthaltenen Materialien wieder, darunter etwa die begehrten und knappen Rohstoffe Lithium und Graphit. Man sichere die Rohstoffe von morgen und treibe gemeinsam „die Kreislaufwirtschaft in Europa weiter voran“, sagte Cylib-Mitgründer Gideon Schwich bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags. Zwei Unternehmen werden Partner – eine kleine, alltägliche Notiz, mag man denken. Doch in der Kooperation zwischen Webasto und Cylib, zwischen Traditionsunternehmen und Newcomer, zwischen Stockdorf und Aachen, steckt mehr. Sie ist der Versuch, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen, um so auch Vorgaben der EU zu erfüllen: Bis 2030 müssen mindestens 70 Prozent des Lithiums aus Altbatterien recycelt werden. Und sie steht für die Bereitschaft, in schwierigen Zeiten neue Wege zu gehen, denn im Zuge der Automobilkrise musste Webasto in diesem Herbst einen umfangreichen Rettungsplan aufstellen.
Es brennt an allen Ecken und Enden
Das Beispiel steht also auch dafür, was allen Krisen zum Trotz möglich ist. Von denen durchlebt der deutsche Mittelstand, das vielgerühmte Rückgrat der Wirtschaft, gerade einige. In einer Anfang Dezember veröffentlichten Umfrage der genossenschaftlichen DZ Bank und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) blickt nur ein Viertel von 1000 befragten Unternehmenslenkern optimistisch auf das kommende Halbjahr. Die Investitionsbereitschaft sinkt auf den schlechtesten Wert seit dem Finanzkrisenherbst von 2009. „Der Mittelstand sendet ein deutliches Warnsignal“, sagt BVR-Präsidentin Marija Kolak. Überall gibt es Grund zur Sorge: hohe Energiekosten, geopolitische Unruhen, der Fachkräftemangel und die anstehende Digitalisierung. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer tun sich zudem schwer, eine Nachfolge für ihren Betrieb zu finden. Und dann kommt noch die Bürokratielast obendrauf: Vier von fünf befragten Mittelständlern sehen darin das größte Hemmnis für ihre Arbeit. Viele Baustellen also, die die Unternehmen hierzulande ausbremsen, obwohl die globale Konkurrenz das Tempo erhöht und beispielsweise bei der künstlichen Intelligenz voranläuft. „Um wettbewerbsfähig zu sein, gilt es, Innovationen schneller voranzutreiben und Entwicklungsphasen zu beschleunigen“, schreibt Stefan Beismann, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, dem Mittelstand ins Lastenheft. Die gute Nachricht jedoch: All das ist möglich, auch und gerade im deutschen Mittelstand im Jahr 2025. Wer sich umblickt, entdeckt überall Unternehmen, die sich mit Resilienz und Innovationen gegen die Krise stemmen. Dabei hilft oft eine Mischung aus alten Tugenden und neuem Mut. Denn das Detailwissen rund um Produkte und Produktion ist oft tief in der DNA der Mittelständler verankert. Was nun dazukommt, ist eine mal vorsichtige, mal rasante Öffnung. Zum einen nach innen: Wo früher Abteilungen strikt und ohne Blick nach rechts oder links ihre Jahrespläne abarbeiteten, geht es inzwischen häufiger um vernetztes Denken. Weber Hydraulik setzt nun beispielsweise ihre Ingenieure mit Cybersecurity-Experten an einen Tisch und bastelt im Segment der Rettungstechnik nicht mehr nur an schweren Geräten für die Feuerwehr, sondern auch an Apps. „Mir ist es wichtig, dass wir nicht in Silos denken, sondern alle voneinander lernen“, sagte die geschäftsführende Gesellschafterin Christine Grotz im Oktober bei der Diskussionsrunde TUM Talk in Heilbronn. Zum anderen aber öffnen sich die Unternehmen auch nach außen. Statt Abschottung setzen sie auf Austausch, um voranzukommen. Neben einzelnen Kooperationen, wie etwa jener von Webasto und Cylib, haben sich so auch neue Innovationsnetzwerke etabliert. Ein prominentes Beispiel dafür ist der „Maschinenraum“ in Berlin. Gegründet vor bald sieben Jahren auf Initiative des Heizungsbauers Viessmann, gehören dem Netzwerk heute über 70 Familienunternehmen an, die sich über Probleme und Lösungen austauschen. Und das quer über alle Branchen – vom Schreibwarenhersteller Edding über Logistiker Fiege bis zum Elektronikspezialisten Phoenix Contact. Ähnlich in Ostwestfalen: Mit Geld der Bertelsmann-Stiftung ist dort die „Founders Foundation“ herangewachsen, die Start-ups in der wirtschaftsstarken Region fördert und sie mit Familienunternehmen wie Miele oder Dr. Wolff vernetzt.
Tempo machen statt Sorgen
schieben Klar ist jedoch: Viele Schritte nach vorne erfordern Mut. Mal müssen bestehende Strukturen aufgegeben werden, mal müssen finanzielle und personelle Ressourcen in ungewisse Zukunftsprojekte investiert werden. Und das nahezu immer in einem Veränderungstempo, das die Unternehmen mit Hunderten oder Tausenden von Beschäftigten mindestens fordert, manchmal sogar überfordert. Oft geht der Wandel mit neuen Freiheiten auf unteren Hierarchieebenen einher, um den Fortschritt nicht durch den Flaschenhals des Vorstands auszubremsen. Der Vorteil ist: Gelingt dieser Change-Prozess, sind nicht mehr nur die Krisen parallel spürbar, sondern auch Lösungsansätze werden parallel sichtbar. Ziehl-Abegg, Hersteller von Ventilatoren, Antriebssystemen und Regeltechnik aus dem beschaulichen Künzelsau, ist eines von zahlreichen Beispielen für solch eine Strategie. KI nutzt das Familienunternehmen schon lange, damit die Kunden zielgenauer die Wartungsintervalle planen können. Im Herbst 2025 präsentierte die Firma einen Aufzugsmotor, der ohne die normalerweise benötigten Seltenen Erden auskommt. „Wir haben damit nicht nur ein technologisches Problem gelöst, sondern auch ein strategisches“, sagte Vorstandschef Joachim Ley. Neben dem Kerngeschäft hat ein Team rund um Pressesprecher Rainer Grill zudem noch einen überaus populären TikTok-Account aufgebaut. Fast 120 000 Menschen folgen dem Unternehmen in der Kurzvideo-App. Damit verfügt Ziehl-Abegg über einen wichtigen Kanal, um Fachkräfte aus ganz Deutschland auf sich aufmerksam zu machen. Denn aus manchem digitalen Lacher oder Like wird dann ein Klick auf die Stellenangebote.
Überall gibt es Unternehmen, die sich mit Resilienz und Innovationen gegen die Krise stemmen. Dabei hilft oft eine Mischung aus alten Tugenden und neuem Mut.

Es geht um ein neues Leben – für eine immer noch recht neue Technologie. In diesem Frühjahr kündigten der Automobilzulieferer Webasto und das Start-up Cylib eine Partnerschaft an: Das junge Tech-Unternehmen sammelt seitdem Altbatterien und Produktionsabfälle beim etablierten Familienunternehmen ein und gewinnt aus ihnen alle enthaltenen Materialien wieder, darunter etwa die begehrten und knappen Rohstoffe Lithium und Graphit. Man sichere die Rohstoffe von morgen und treibe gemeinsam „die Kreislaufwirtschaft in Europa weiter voran“, sagte Cylib-Mitgründer Gideon Schwich bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags. Zwei Unternehmen werden Partner – eine kleine, alltägliche Notiz, mag man denken. Doch in der Kooperation zwischen Webasto und Cylib, zwischen Traditionsunternehmen und Newcomer, zwischen Stockdorf und Aachen, steckt mehr. Sie ist der Versuch, mehr Nachhaltigkeit zu erreichen, um so auch Vorgaben der EU zu erfüllen: Bis 2030 müssen mindestens 70 Prozent des Lithiums aus Altbatterien recycelt werden. Und sie steht für die Bereitschaft, in schwierigen Zeiten neue Wege zu gehen, denn im Zuge der Automobilkrise musste Webasto in diesem Herbst einen umfangreichen Rettungsplan aufstellen.
Es brennt an allen Ecken und Enden
Das Beispiel steht also auch dafür, was allen Krisen zum Trotz möglich ist. Von denen durchlebt der deutsche Mittelstand, das vielgerühmte Rückgrat der Wirtschaft, gerade einige. In einer Anfang Dezember veröffentlichten Umfrage der genossenschaftlichen DZ Bank und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) blickt nur ein Viertel von 1000 befragten Unternehmenslenkern optimistisch auf das kommende Halbjahr. Die Investitionsbereitschaft sinkt auf den schlechtesten Wert seit dem Finanzkrisenherbst von 2009. „Der Mittelstand sendet ein deutliches Warnsignal“, sagt BVR-Präsidentin Marija Kolak. Überall gibt es Grund zur Sorge: hohe Energiekosten, geopolitische Unruhen, der Fachkräftemangel und die anstehende Digitalisierung. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer tun sich zudem schwer, eine Nachfolge für ihren Betrieb zu finden. Und dann kommt noch die Bürokratielast obendrauf: Vier von fünf befragten Mittelständlern sehen darin das größte Hemmnis für ihre Arbeit. Viele Baustellen also, die die Unternehmen hierzulande ausbremsen, obwohl die globale Konkurrenz das Tempo erhöht und beispielsweise bei der künstlichen Intelligenz voranläuft. „Um wettbewerbsfähig zu sein, gilt es, Innovationen schneller voranzutreiben und Entwicklungsphasen zu beschleunigen“, schreibt Stefan Beismann, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, dem Mittelstand ins Lastenheft. Die gute Nachricht jedoch: All das ist möglich, auch und gerade im deutschen Mittelstand im Jahr 2025. Wer sich umblickt, entdeckt überall Unternehmen, die sich mit Resilienz und Innovationen gegen die Krise stemmen. Dabei hilft oft eine Mischung aus alten Tugenden und neuem Mut. Denn das Detailwissen rund um Produkte und Produktion ist oft tief in der DNA der Mittelständler verankert. Was nun dazukommt, ist eine mal vorsichtige, mal rasante Öffnung. Zum einen nach innen: Wo früher Abteilungen strikt und ohne Blick nach rechts oder links ihre Jahrespläne abarbeiteten, geht es inzwischen häufiger um vernetztes Denken. Weber Hydraulik setzt nun beispielsweise ihre Ingenieure mit Cybersecurity-Experten an einen Tisch und bastelt im Segment der Rettungstechnik nicht mehr nur an schweren Geräten für die Feuerwehr, sondern auch an Apps. „Mir ist es wichtig, dass wir nicht in Silos denken, sondern alle voneinander lernen“, sagte die geschäftsführende Gesellschafterin Christine Grotz im Oktober bei der Diskussionsrunde TUM Talk in Heilbronn. Zum anderen aber öffnen sich die Unternehmen auch nach außen. Statt Abschottung setzen sie auf Austausch, um voranzukommen. Neben einzelnen Kooperationen, wie etwa jener von Webasto und Cylib, haben sich so auch neue Innovationsnetzwerke etabliert. Ein prominentes Beispiel dafür ist der „Maschinenraum“ in Berlin. Gegründet vor bald sieben Jahren auf Initiative des Heizungsbauers Viessmann, gehören dem Netzwerk heute über 70 Familienunternehmen an, die sich über Probleme und Lösungen austauschen. Und das quer über alle Branchen – vom Schreibwarenhersteller Edding über Logistiker Fiege bis zum Elektronikspezialisten Phoenix Contact. Ähnlich in Ostwestfalen: Mit Geld der Bertelsmann-Stiftung ist dort die „Founders Foundation“ herangewachsen, die Start-ups in der wirtschaftsstarken Region fördert und sie mit Familienunternehmen wie Miele oder Dr. Wolff vernetzt.
Tempo machen statt Sorgen
schieben Klar ist jedoch: Viele Schritte nach vorne erfordern Mut. Mal müssen bestehende Strukturen aufgegeben werden, mal müssen finanzielle und personelle Ressourcen in ungewisse Zukunftsprojekte investiert werden. Und das nahezu immer in einem Veränderungstempo, das die Unternehmen mit Hunderten oder Tausenden von Beschäftigten mindestens fordert, manchmal sogar überfordert. Oft geht der Wandel mit neuen Freiheiten auf unteren Hierarchieebenen einher, um den Fortschritt nicht durch den Flaschenhals des Vorstands auszubremsen. Der Vorteil ist: Gelingt dieser Change-Prozess, sind nicht mehr nur die Krisen parallel spürbar, sondern auch Lösungsansätze werden parallel sichtbar. Ziehl-Abegg, Hersteller von Ventilatoren, Antriebssystemen und Regeltechnik aus dem beschaulichen Künzelsau, ist eines von zahlreichen Beispielen für solch eine Strategie. KI nutzt das Familienunternehmen schon lange, damit die Kunden zielgenauer die Wartungsintervalle planen können. Im Herbst 2025 präsentierte die Firma einen Aufzugsmotor, der ohne die normalerweise benötigten Seltenen Erden auskommt. „Wir haben damit nicht nur ein technologisches Problem gelöst, sondern auch ein strategisches“, sagte Vorstandschef Joachim Ley. Neben dem Kerngeschäft hat ein Team rund um Pressesprecher Rainer Grill zudem noch einen überaus populären TikTok-Account aufgebaut. Fast 120 000 Menschen folgen dem Unternehmen in der Kurzvideo-App. Damit verfügt Ziehl-Abegg über einen wichtigen Kanal, um Fachkräfte aus ganz Deutschland auf sich aufmerksam zu machen. Denn aus manchem digitalen Lacher oder Like wird dann ein Klick auf die Stellenangebote.
Überall gibt es Unternehmen, die sich mit Resilienz und Innovationen gegen die Krise stemmen. Dabei hilft oft eine Mischung aus alten Tugenden und neuem Mut.
















