Feature

Auf der Langstrecke

Kleine und mittlere Unternehmen wollen von den Rüstungsmilliarden profitieren. Doch es dauert viele Jahre, um Teil der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu werden.

Axel Novak
 und
Feature

Auf der Langstrecke

Kleine und mittlere Unternehmen wollen von den Rüstungsmilliarden profitieren. Doch es dauert viele Jahre, um Teil der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu werden.

Axel Novak
Drei Arbeiter montieren in einer Industriehalle Artilleriegeschosse mithilfe eines Hebegeräts an einer Produktionsanlage.

Leere Lager, hoher Bedarf: Seit kurzem werden in Deutschland wieder Artilleriegeschosse gefertigt.

Zeitenwende in Berlin-Wedding: Eingequetscht zwischen Humboldthain, S-Bahn und einer Kleingartenkolonie liegt das Firmengelände von Pierburg. Hier wurden Autoteile gefertigt, zuletzt immer weniger. Jetzt aber macht sich im Werk Hoffnung breit. Aus Pierburg wurde die Rheinmetall Waffen Munitions GmbH. Die Berliner stellen nun militärische statt ziviler Technik her. 30 Milionen Euro will Rheinmetall investieren und die alten Maschinen im Werk vollständig erneuern. „Zudem haben wir viel in die Aus- und Weiterbildung unserer Beschäftigten investiert“, sagt ein Sprecher des Unternehmens.„Das Thema Rüstung wird natürlich diskutiert, aber die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz überzeugt unsere Kolleginnen und Kollegen“, sagt sagt Martin Wolfgang Hoffmann, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von der IG Metall. Von den vielen Milliarden Euro, die der Bund für die Rüstung zur Verfügung stellt, wollen nicht nur große Konzerne profitieren. Auch der Mittelstand wittert Chancen, gerade weil die Perspektiven in anderen Bereichen eher mau sind. Die Berater von Roland Berger haben Vorstände und Geschäftsführer von Autozulieferern befragt: Zwei Drittel von ihnen sehen in der Defence-Branche die größten Wachstumspotenziale abseits der Autoindustrie. „Im Verteidigungssektor werden perspektivisch Kapazitäten fehlen“, meint Felix Mogge, Seniorpartner bei Roland Berger. „Mit seinen hochindustrialisierten Unternehmen kann der automobile Mittelstand hier optimal unterstützen.“

Zugang zum Netzwerk

Daher ist der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) derzeit gefragter denn je. Noch vor einem Jahr vertrat er von Berlin aus überschaubare 243 Mitgliedsunternehmen. „Im Frühjahr 2026 werden wir die Zahl 500 überschreiten“, kündigt Marc Helmig, Abteilungsleiter Mittelstand im Verband, an. Die neuen Mitglieder erhoffen sich Einblicke in die Branche, Hilfestellungen und Informationen. Und natürlich suchen sie Zugang zu einem fest etablierten Netzwerk. „Die Branche ist herausfordernd. Wir sagen daher insbesondere den neuen kleinen und mittleren Unternehmen: Geht in Vorleistung, qualifiziert euch auf den Lieferantenportalen unserer Systemhäuser und identifiziert, wo eure Unternehmen einen Beitrag leisten können“, so Helmig. „Aber die Sicherheits- und Verteidigungsin- dustrie – das ist Langstrecke.“ Dabei fließt ja viel Geld. Das Sondervermögen für die Bundeswehr ist 100 Milliarden Euro schwer, hinzu kommen 86 Milliarden Euro im regulären Verteidigungshaushalt. Diese Auftragsvolumina überschreiten die klassischen Kapazitäten in der Branche deutlich. Deshalb stellen sich viele Unternehmen, die bisher nur zivil gefertigt haben, auf neue Aufträge ein. Nicht umsonst lautet ein Bonmot der Branche: „Die Bundeswehr braucht alles, außer Versicherungen.“ Tatsächlich war die Euphorie in vielen Regionen anfangs groß. „Im ersten Quartal 2025 herrschte echte Goldgräberstimmung. Die Mittelständler sahen Milch und Honig fließen und wollten etwas vom Kuchen abhaben“, sagt Oliver Freitag, Innovationsmanager bei der IHK Würzburg-Schweinfurt. Die Kammer hatte im März 2025 ihre Mitglieder zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Mittelstand und Rüstung“ geladen, 120 Unternehmer waren gekommen.

Das Geld ist schon verteilt

Doch Freitag sagt auch: „Danach allerdings herrschte etwas Ernüchterung.“ Denn das Geld ist ja bereits größtenteils verteilt. Viele Milliarden fließen in Großprojekte wie Flugzeuge, Hubschrauber und Schiffe. Außerdem wird jetzt das produziert, was die Bundeswehr heute benötigt, weil ihre Magazine und Vorratslager leer sind. Und erst, wenn die großen Zulieferer und Systemhäuser ihre bestehenden Lieferketten ausgeschöpft haben, erhalten möglicherweise neue Zulieferer eine Chance. Wer direkt Lieferant für die Bundeswehr werden will, muss mit langen Prüf- und Testzeiten rechnen. So wartet ein Hersteller von neuem Panzerstahl bis zu eineinhalb Jahre, bis er seine Produkte vor Experten der Bundeswehr testen kann. Auch die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeitenden im Betrieb dauert bis zu eineinhalb Jahre. „Das ist eine lange Durststrecke“, sagt Freitag. Bis zu einem Jahr dauert es, bis man in die Lieferkette eines großen Zulieferers aufgenommen wird. Insgesamt können so bis zu vier Jahre vergehen, bis ein Unternehmen Lieferant der Bundeswehr ist. Die Verpflichtungen sind allerdings erheblich: Die langen Vertragszeiten von fünf bis zehn Jahren setzen stabile Produktions- und Lieferketten voraus. Für viele kleine und mittlere Unternehmen bleibt dabei die Kapitalbeschaffung eine große Hürde. Zwar haben mittlerweile viele Banken und Fonds ihre Statuten geändert, nach denen Rüstung früher als nicht ethisches Investment galt. „Da hat sich viel gewandelt. Einige Banken haben ihre Reputationssorgen abgelegt, sodass insbesondere Start-ups aktuell von dem großen Investoreninteresse an Dual-Use- oder Defence-Investments profitieren“, sagt Marc Helmig vom BDSV. Dennoch sei es nicht einfach, an Kapital zu kommen, da die Vorlaufzeiten in der Branche sehr lang sind. Lohnt sich Rüstung gesamtwirtschaftlich? Fraglich ist schließlich, ob sich der Geldsegen für das Militär auch für das ganze Land auszahlt. Einige Wirtschaftswissenschaftler sind jedoch skeptisch. „Aus ökonomischer Sicht ist die geplante Militarisierung der deutschen Wirtschaft eine risikoreiche Wette mit niedriger gesamtwirtschaftlicher Rendite“, sagt etwa der Ökonom Tom Krebs von der Universität Mannheim. Er hat mit seinem Kollegen Patrick Kaczmarczyk die Wirkung militärischer Ausgaben untersucht. Die beiden kommen zu dem Ergebnis, dass ein investierter Euro im besten Fall zu 50 Cent zusätzlicher wirtschaftlicher Aktivität führt. Paolo Surico und Juan Antolin-Diaz von der London Business School haben dagegen Daten der US-Regierung aus den vergangenen 125 Jahren ausgewertet. Ihr Fazit: „Wenn das Geld auf Forschung und Entwicklung und somit Innovation ausgerichtet ist, dann kann es einen gewaltigen wirtschaftlichen Wachstumseffekt haben“, sagte Surico kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“. Er mahnt: „Machen Sie keine Kriegswirtschaft, machen Sie eine Innovationswirtschaft!“

Zeitenwende in Berlin-Wedding: Eingequetscht zwischen Humboldthain, S-Bahn und einer Kleingartenkolonie liegt das Firmengelände von Pierburg. Hier wurden Autoteile gefertigt, zuletzt immer weniger. Jetzt aber macht sich im Werk Hoffnung breit. Aus Pierburg wurde die Rheinmetall Waffen Munitions GmbH. Die Berliner stellen nun militärische statt ziviler Technik her. 30 Milionen Euro will Rheinmetall investieren und die alten Maschinen im Werk vollständig erneuern. „Zudem haben wir viel in die Aus- und Weiterbildung unserer Beschäftigten investiert“, sagt ein Sprecher des Unternehmens.„Das Thema Rüstung wird natürlich diskutiert, aber die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz überzeugt unsere Kolleginnen und Kollegen“, sagt sagt Martin Wolfgang Hoffmann, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von der IG Metall. Von den vielen Milliarden Euro, die der Bund für die Rüstung zur Verfügung stellt, wollen nicht nur große Konzerne profitieren. Auch der Mittelstand wittert Chancen, gerade weil die Perspektiven in anderen Bereichen eher mau sind. Die Berater von Roland Berger haben Vorstände und Geschäftsführer von Autozulieferern befragt: Zwei Drittel von ihnen sehen in der Defence-Branche die größten Wachstumspotenziale abseits der Autoindustrie. „Im Verteidigungssektor werden perspektivisch Kapazitäten fehlen“, meint Felix Mogge, Seniorpartner bei Roland Berger. „Mit seinen hochindustrialisierten Unternehmen kann der automobile Mittelstand hier optimal unterstützen.“

Zugang zum Netzwerk

Daher ist der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) derzeit gefragter denn je. Noch vor einem Jahr vertrat er von Berlin aus überschaubare 243 Mitgliedsunternehmen. „Im Frühjahr 2026 werden wir die Zahl 500 überschreiten“, kündigt Marc Helmig, Abteilungsleiter Mittelstand im Verband, an. Die neuen Mitglieder erhoffen sich Einblicke in die Branche, Hilfestellungen und Informationen. Und natürlich suchen sie Zugang zu einem fest etablierten Netzwerk. „Die Branche ist herausfordernd. Wir sagen daher insbesondere den neuen kleinen und mittleren Unternehmen: Geht in Vorleistung, qualifiziert euch auf den Lieferantenportalen unserer Systemhäuser und identifiziert, wo eure Unternehmen einen Beitrag leisten können“, so Helmig. „Aber die Sicherheits- und Verteidigungsin- dustrie – das ist Langstrecke.“ Dabei fließt ja viel Geld. Das Sondervermögen für die Bundeswehr ist 100 Milliarden Euro schwer, hinzu kommen 86 Milliarden Euro im regulären Verteidigungshaushalt. Diese Auftragsvolumina überschreiten die klassischen Kapazitäten in der Branche deutlich. Deshalb stellen sich viele Unternehmen, die bisher nur zivil gefertigt haben, auf neue Aufträge ein. Nicht umsonst lautet ein Bonmot der Branche: „Die Bundeswehr braucht alles, außer Versicherungen.“ Tatsächlich war die Euphorie in vielen Regionen anfangs groß. „Im ersten Quartal 2025 herrschte echte Goldgräberstimmung. Die Mittelständler sahen Milch und Honig fließen und wollten etwas vom Kuchen abhaben“, sagt Oliver Freitag, Innovationsmanager bei der IHK Würzburg-Schweinfurt. Die Kammer hatte im März 2025 ihre Mitglieder zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Mittelstand und Rüstung“ geladen, 120 Unternehmer waren gekommen.

Das Geld ist schon verteilt

Doch Freitag sagt auch: „Danach allerdings herrschte etwas Ernüchterung.“ Denn das Geld ist ja bereits größtenteils verteilt. Viele Milliarden fließen in Großprojekte wie Flugzeuge, Hubschrauber und Schiffe. Außerdem wird jetzt das produziert, was die Bundeswehr heute benötigt, weil ihre Magazine und Vorratslager leer sind. Und erst, wenn die großen Zulieferer und Systemhäuser ihre bestehenden Lieferketten ausgeschöpft haben, erhalten möglicherweise neue Zulieferer eine Chance. Wer direkt Lieferant für die Bundeswehr werden will, muss mit langen Prüf- und Testzeiten rechnen. So wartet ein Hersteller von neuem Panzerstahl bis zu eineinhalb Jahre, bis er seine Produkte vor Experten der Bundeswehr testen kann. Auch die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeitenden im Betrieb dauert bis zu eineinhalb Jahre. „Das ist eine lange Durststrecke“, sagt Freitag. Bis zu einem Jahr dauert es, bis man in die Lieferkette eines großen Zulieferers aufgenommen wird. Insgesamt können so bis zu vier Jahre vergehen, bis ein Unternehmen Lieferant der Bundeswehr ist. Die Verpflichtungen sind allerdings erheblich: Die langen Vertragszeiten von fünf bis zehn Jahren setzen stabile Produktions- und Lieferketten voraus. Für viele kleine und mittlere Unternehmen bleibt dabei die Kapitalbeschaffung eine große Hürde. Zwar haben mittlerweile viele Banken und Fonds ihre Statuten geändert, nach denen Rüstung früher als nicht ethisches Investment galt. „Da hat sich viel gewandelt. Einige Banken haben ihre Reputationssorgen abgelegt, sodass insbesondere Start-ups aktuell von dem großen Investoreninteresse an Dual-Use- oder Defence-Investments profitieren“, sagt Marc Helmig vom BDSV. Dennoch sei es nicht einfach, an Kapital zu kommen, da die Vorlaufzeiten in der Branche sehr lang sind. Lohnt sich Rüstung gesamtwirtschaftlich? Fraglich ist schließlich, ob sich der Geldsegen für das Militär auch für das ganze Land auszahlt. Einige Wirtschaftswissenschaftler sind jedoch skeptisch. „Aus ökonomischer Sicht ist die geplante Militarisierung der deutschen Wirtschaft eine risikoreiche Wette mit niedriger gesamtwirtschaftlicher Rendite“, sagt etwa der Ökonom Tom Krebs von der Universität Mannheim. Er hat mit seinem Kollegen Patrick Kaczmarczyk die Wirkung militärischer Ausgaben untersucht. Die beiden kommen zu dem Ergebnis, dass ein investierter Euro im besten Fall zu 50 Cent zusätzlicher wirtschaftlicher Aktivität führt. Paolo Surico und Juan Antolin-Diaz von der London Business School haben dagegen Daten der US-Regierung aus den vergangenen 125 Jahren ausgewertet. Ihr Fazit: „Wenn das Geld auf Forschung und Entwicklung und somit Innovation ausgerichtet ist, dann kann es einen gewaltigen wirtschaftlichen Wachstumseffekt haben“, sagte Surico kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“. Er mahnt: „Machen Sie keine Kriegswirtschaft, machen Sie eine Innovationswirtschaft!“

Zeitenwende in Berlin-Wedding: Eingequetscht zwischen Humboldthain, S-Bahn und einer Kleingartenkolonie liegt das Firmengelände von Pierburg. Hier wurden Autoteile gefertigt, zuletzt immer weniger. Jetzt aber macht sich im Werk Hoffnung breit. Aus Pierburg wurde die Rheinmetall Waffen Munitions GmbH. Die Berliner stellen nun militärische statt ziviler Technik her. 30 Milionen Euro will Rheinmetall investieren und die alten Maschinen im Werk vollständig erneuern. „Zudem haben wir viel in die Aus- und Weiterbildung unserer Beschäftigten investiert“, sagt ein Sprecher des Unternehmens.„Das Thema Rüstung wird natürlich diskutiert, aber die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz überzeugt unsere Kolleginnen und Kollegen“, sagt sagt Martin Wolfgang Hoffmann, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von der IG Metall. Von den vielen Milliarden Euro, die der Bund für die Rüstung zur Verfügung stellt, wollen nicht nur große Konzerne profitieren. Auch der Mittelstand wittert Chancen, gerade weil die Perspektiven in anderen Bereichen eher mau sind. Die Berater von Roland Berger haben Vorstände und Geschäftsführer von Autozulieferern befragt: Zwei Drittel von ihnen sehen in der Defence-Branche die größten Wachstumspotenziale abseits der Autoindustrie. „Im Verteidigungssektor werden perspektivisch Kapazitäten fehlen“, meint Felix Mogge, Seniorpartner bei Roland Berger. „Mit seinen hochindustrialisierten Unternehmen kann der automobile Mittelstand hier optimal unterstützen.“

Zugang zum Netzwerk

Daher ist der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) derzeit gefragter denn je. Noch vor einem Jahr vertrat er von Berlin aus überschaubare 243 Mitgliedsunternehmen. „Im Frühjahr 2026 werden wir die Zahl 500 überschreiten“, kündigt Marc Helmig, Abteilungsleiter Mittelstand im Verband, an. Die neuen Mitglieder erhoffen sich Einblicke in die Branche, Hilfestellungen und Informationen. Und natürlich suchen sie Zugang zu einem fest etablierten Netzwerk. „Die Branche ist herausfordernd. Wir sagen daher insbesondere den neuen kleinen und mittleren Unternehmen: Geht in Vorleistung, qualifiziert euch auf den Lieferantenportalen unserer Systemhäuser und identifiziert, wo eure Unternehmen einen Beitrag leisten können“, so Helmig. „Aber die Sicherheits- und Verteidigungsin- dustrie – das ist Langstrecke.“ Dabei fließt ja viel Geld. Das Sondervermögen für die Bundeswehr ist 100 Milliarden Euro schwer, hinzu kommen 86 Milliarden Euro im regulären Verteidigungshaushalt. Diese Auftragsvolumina überschreiten die klassischen Kapazitäten in der Branche deutlich. Deshalb stellen sich viele Unternehmen, die bisher nur zivil gefertigt haben, auf neue Aufträge ein. Nicht umsonst lautet ein Bonmot der Branche: „Die Bundeswehr braucht alles, außer Versicherungen.“ Tatsächlich war die Euphorie in vielen Regionen anfangs groß. „Im ersten Quartal 2025 herrschte echte Goldgräberstimmung. Die Mittelständler sahen Milch und Honig fließen und wollten etwas vom Kuchen abhaben“, sagt Oliver Freitag, Innovationsmanager bei der IHK Würzburg-Schweinfurt. Die Kammer hatte im März 2025 ihre Mitglieder zu einer Informationsveranstaltung zum Thema „Mittelstand und Rüstung“ geladen, 120 Unternehmer waren gekommen.

Das Geld ist schon verteilt

Doch Freitag sagt auch: „Danach allerdings herrschte etwas Ernüchterung.“ Denn das Geld ist ja bereits größtenteils verteilt. Viele Milliarden fließen in Großprojekte wie Flugzeuge, Hubschrauber und Schiffe. Außerdem wird jetzt das produziert, was die Bundeswehr heute benötigt, weil ihre Magazine und Vorratslager leer sind. Und erst, wenn die großen Zulieferer und Systemhäuser ihre bestehenden Lieferketten ausgeschöpft haben, erhalten möglicherweise neue Zulieferer eine Chance. Wer direkt Lieferant für die Bundeswehr werden will, muss mit langen Prüf- und Testzeiten rechnen. So wartet ein Hersteller von neuem Panzerstahl bis zu eineinhalb Jahre, bis er seine Produkte vor Experten der Bundeswehr testen kann. Auch die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeitenden im Betrieb dauert bis zu eineinhalb Jahre. „Das ist eine lange Durststrecke“, sagt Freitag. Bis zu einem Jahr dauert es, bis man in die Lieferkette eines großen Zulieferers aufgenommen wird. Insgesamt können so bis zu vier Jahre vergehen, bis ein Unternehmen Lieferant der Bundeswehr ist. Die Verpflichtungen sind allerdings erheblich: Die langen Vertragszeiten von fünf bis zehn Jahren setzen stabile Produktions- und Lieferketten voraus. Für viele kleine und mittlere Unternehmen bleibt dabei die Kapitalbeschaffung eine große Hürde. Zwar haben mittlerweile viele Banken und Fonds ihre Statuten geändert, nach denen Rüstung früher als nicht ethisches Investment galt. „Da hat sich viel gewandelt. Einige Banken haben ihre Reputationssorgen abgelegt, sodass insbesondere Start-ups aktuell von dem großen Investoreninteresse an Dual-Use- oder Defence-Investments profitieren“, sagt Marc Helmig vom BDSV. Dennoch sei es nicht einfach, an Kapital zu kommen, da die Vorlaufzeiten in der Branche sehr lang sind. Lohnt sich Rüstung gesamtwirtschaftlich? Fraglich ist schließlich, ob sich der Geldsegen für das Militär auch für das ganze Land auszahlt. Einige Wirtschaftswissenschaftler sind jedoch skeptisch. „Aus ökonomischer Sicht ist die geplante Militarisierung der deutschen Wirtschaft eine risikoreiche Wette mit niedriger gesamtwirtschaftlicher Rendite“, sagt etwa der Ökonom Tom Krebs von der Universität Mannheim. Er hat mit seinem Kollegen Patrick Kaczmarczyk die Wirkung militärischer Ausgaben untersucht. Die beiden kommen zu dem Ergebnis, dass ein investierter Euro im besten Fall zu 50 Cent zusätzlicher wirtschaftlicher Aktivität führt. Paolo Surico und Juan Antolin-Diaz von der London Business School haben dagegen Daten der US-Regierung aus den vergangenen 125 Jahren ausgewertet. Ihr Fazit: „Wenn das Geld auf Forschung und Entwicklung und somit Innovation ausgerichtet ist, dann kann es einen gewaltigen wirtschaftlichen Wachstumseffekt haben“, sagte Surico kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“. Er mahnt: „Machen Sie keine Kriegswirtschaft, machen Sie eine Innovationswirtschaft!“

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